Erfahrungsberichte
April 18, 2020

Deep dive Indonesien - so war Davids soziales Projekt im Ausland

Eigentlich wollte David, der Lehramtsstudent aus Braunschweig, in seinem sozialen Projekt im Ausland Englischunterricht geben und den Kindern so eine zweite Sprache beibringen.

Dennoch kam alles anders - zur Freude der Kinder.

Finde heraus, wieso David schlussendlich sein Hobby in Indonesien verfolgte und zum Handballtrainer wurde!

Mein soziales Projekt in einer Grundschule

Ich absolvierte das Angebot meiner Universität „Allgemeines Schulpraktikum Abroad“ in Indonesien in der öffentlichen Einrichtung „SDN Polehan 2“, einer Grundschule in der Stadt Malang (Ost-Jawa).

Die Schule wird von Schülern und Schülerinnen im Alter von sechs bis zwölf Jahren besucht. Sie beherbergt also - anders als in Deutschland - die Klassenstufen eins bis sechs. Darüber hinaus gibt es eine weitere Klasse, die Kinder mit Beeinträchtigungen wie zum Beispiel Autismus oder Down-Syndrom aufnimmt.

Das Höchstalter hier liegt bei 14. Bei einer Klassengröße von 20 bis 30 Kindern werden in der Grundschule also insgesamt circa 420 Schülerinnen und Schüler von ungefähr 30 Lehrern und Lehrerinnen von Montags bis Freitags von 7:00 bis 15:00 Uhr unterrichtet. Die Schulstunden gehen dabei regulär 35 Minuten lang.

David an der öffentlichen Schule

Wie schon anfangs erwähnt, ist die „SDN Polehan 2“ eine öffentliche Einrichtung, was sie unter anderem im Bezug auf den Englischunterricht grundlegend von den privaten Schulen meiner Kommilitoninnen, die auch an dem Projekt in Malang teilnahmen, unterscheidet.

Wie ich im Laufe des Praktikums erfuhr, ist Englischunterricht an öffentlichen Grundschulen in Indonesien nämlich nicht üblich. In meiner Einrichtung gibt es jedoch, wie mir erzählt wurde, seit einem Jahr Englischunterricht in Person von Herrn Made, einem ungelernten Aushilfslehrer, der auch meine betreuende Lehrkraft darstellte.

Herr Made spricht allerdings lediglich gebrochenes Englisch und die anderen „Gurus“ (= Lehrer, Lehrerinnen) kennen nicht mehr als ein, zwei englische Begriffe, was die Kommunikation häufig zu einem schwierigen Unterfangen machte.

David an der Grundschule

Was habe ich in meinem sozialen Projekt gemacht?

Meine Tätigkeit bestand nicht, wie ich ursprünglich erwartete, aus klassischem, im Bezug auf Grammatik strukturell aufgebautem Englischunterricht, wie man ihn aus deutschen Schulen gewohnt war.

Dass die Schulstunden nicht eins zu eins wie in Deutschland werden würden, war mir natürlich bewusst, da ich schließlich auf einem anderen Kontinent unterrichten würde. Allerdings erwies sich der Englischunterricht an meiner Schule auch als grundlegend anders als der Unterricht in den Schulen meiner Kommilitoninnen, was schlichtweg darauf zurückgeführt werden kann, dass niemand an meiner Schule dafür ausgebildet wurde.

Dementsprechend wurde von mir auch kein Grammatikunterricht oder dergleichen erwartet. Zudem wurde meine Tätigkeit auf Nachfrage meinerseits relativ spontan erdacht, was mich letztendlich zum Handballtrainer ausarten ließ – aber ich beginne mal von vorn.

Wie sah mein Alltag aus?

Mein Stundenplan sah 13 Unterrichtsstunden à 35 Minuten in 13 ver­schiedenen Klassen vor. Darüber hinaus wurde von mir erwartet, dass ich täglich von 7:00 bis 15:00 Uhr in der Schule bin, was allerdings nicht immer streng ge­nommen wurde.

Beispielsweise brauchte ich am Donnerstag, an dem ich keine Unterrichtsstunde hatte, gar nicht zu kommen und auch am Freitag, mit nur einer Unterrichtsstunde, musste ich nicht den ganzen Tag bleiben.

In der ersten Woche war lediglich vorgesehen, dass ich mich in den einzelnen Klassen vorstellte. Das funktionierte im Prinzip so, dass ich über einfache englische Sätze von mir und Deutschland erzählen sollte und Herr Made bei Verständnisschwierigkeiten, die vor allem in den jüngeren Klassen ständig auftraten, versuchte zu übersetzen.

Ein­zelne Wörter und Phrasen sollten die Schüler dabei durch mehrfaches lautstarkes Wiederholen von dem gerade Gesagten lernen.

David am Unterrichten

Für die folgende Woche sollte ich dann eine Powerpoint-Präsentation vorbereiten, in der ich die deutsche Kultur er­klären sollte. Dabei griff ich Themen wie Essen, Trinken, Religion oder auch die vier Jahreszeiten auf, denn in Indonesien gibt es im Grunde nur zwei (Regenzeit/ Trockenzeit).

Darüber hinaus habe ich den Schülern Fotos und Videos von Braunschweig und meinem Elternhaus, die ich vorher eigens dafür aufgenommen habe, gezeigt, um einen greifbaren Eindruck von Deutschland und wie ich lebe zu vermitteln.

Wie kam es nun zum Handball?

Ich erzählte den Kindern weiterhin auch von Handball, da ich leidenschaftlicher Handballspieler bin und zeigte den Schülerinnen und Schülern ein paar Videos, nachdem sich herausstellte, dass niemand an der Schule jemals zuvor von Handball gehört hatte.

Der Sportlehrer schien sehr interessiert zu sein und prompt wurde das Handball-Training zu meiner Aufgabe in den verbleibenden Wochen.

Zuerst erstellte ich eine Powerpoint-Präsentation, um die Regeln zu er­klären und eine theoretische Grundlage zu schaffen. Dabei zeigte ich auch Ausschnitte aus Aufnahmen von meinen eigenen Spielen, die ich im Speicher meines Laptops gefunden habe, um das Verständnis zu fördern.

Danach ging es dann ans praktische Training, in dem zuerst Grundübungen durchgeführt wurden, bei denen beispielsweise das Passen oder Prellen geübt wurde.

Nach kurzer Zeit konnten die Schülerinnen und Schüler dann sogar die ersten Spiele spielen und hatten dabei eine Menge Spaß. In der letzten Woche wurde dann zum Abschluss ein kleines Turnier zwischen den talentiertesten Spielerinnen und Spielern der Klassenstufen vier bis sechs veranstaltet.

Die Kultur des Landes beeinflusst das Leben der Menschen

Ich war in meinem Leben bisher schon in relativ vielen Ländern - allerdings nur in Europa und Australien. Die Kulturen der Menschen in diesen Ländern unterscheidet sich zwar, sind allerdings nicht grundlegend anders, wie es die indonesische Kultur ist.

Sprich, ich war zum ersten Mal so richtig in einer vollkommen neuartigen Kultur.

Das Wichtigste, was ich gelernt habe, beziehungsweise was mir jetzt erst so richtig bewusst wurde, ist, wie verschieden die menschlichen Kulturen seien können und besonders, wie sehr diese einen Einfluss auf die Verhaltens- und Denkweisen und somit auf das ganze Leben der Menschen haben.

David mit den Schülern

Herr Made - ein Aushilfslehrer am Limit

Am meisten bleibt mir wohl meine betreuende Lehrkraft Herr Made in Erinnerung. Mit ihm habe ich die meiste Zeit verbracht und obwohl wir Schwierigkeiten mit der Kommunikation hatten, konnten wir uns über vieles austauschen.

Er erzählte mir unter anderem, dass er nach der Arbeit in der Schule, die von 7:00 bis 15:00 Uhr geht, nochmal arbeiten geht, und zwar von 18:00 bis 24:00 Uhr als Assistent im Krankenhaus. Viel Schlaf bekommt er dabei nicht, weswegen er auch einige Male in meinem Unterricht einschlief als er eigentlich übersetzen sollte.

Er arbeitet so viel, um sich und seine Familie zu versorgen, die in einem Viertel lebt, in dem momentan die Wasserversorgung kaputt ist. Er verdient dabei ca 4 000 000 Indonesische Rupiah im Monat, was momentan ca. 230 Euro entspricht. Auf die Frage, wie viel ich später als Gymnasial-Lehrer verdienen werde, habe ich mich kaum noch getraut zu antworten.

Die Erfahrung in 6 Wörtern: lehrreicher Schritt Richtung eigener inneren Harmonie

Eine solche Erfahrung ist zum einen hilfreich, um einfach mal aus erster Hand zu erfahren, dass viele Menschen auf dieser Welt nicht in dem Luxus leben, den wir in Deutschland als Standard betrachten. Dazu gehören Lebensstandards wie fließendes Wasser oder Zugang zu ausgewogener Ernährung sowie auch Menschenrechte.

In Indonesien war ich mir bewusst, dass ich beispielsweise für das Rauchen eines Joints für ein Jahr ins Gefängnis gehen kann, zudem gibt es in Indonesien immer noch die Todesstrafe auch beispielsweise auf schwerere Drogendelikte. Auch wenn ich nicht im Begriff war gegen irgendeiner dieser Regeln zu verstoßen, fühlte ich mich dennoch weniger sicher als in Deutschland.

Mein Gespür und meine Sensibilität für meine eigenen Rechte und generell eines Menschen ist dadurch geschärft worden. Dabei erkennt man auch die Wichtigkeit dessen, eben diese Rechte der Menschen auf der Welt herzustellen und seinen kleinen Beitrag dafür zu leisten.

Auf der anderen Seite ist eine solche Erfahrung hilfreich, um einfach mal "über den Tellerrand hinaus zu blicken", mal einen Perspektivenwechsel auszuprobieren und zu verstehen, wie und warum andere Kulturen auf bestimmte Dinge blicken.

Du bist Lehramtsstudent:in und hast Lust, dein Schulpraktikum im Ausland zu verbringen? Dann melde dich jetzt bei uns an - nutze die Chance und erlebe wie David den Unterricht in einem anderen Land. Blicke in eine neue Kultur ein und mach ein soziales Projekt -mit AIESEC!

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