Erfahrungsberichte
December 2, 2020

Pflichtpraktikum (ASP) im Ausland: Karina an einer Schule in Indonesien  

Als Lehramtsstudentin muss Karina, so wie auch alle anderen zukünftigen Lehrer*innen, ein Praktikum in einer Schule während des Studiums absolvieren (ASP). Viele ihrer Kommiliton*innen haben dies, wie eigentlich überall üblich, an einer deutschen Schule absolviert. 


So aber nicht Karina: Sie nutzte die einmalige Möglichkeit des Pflichtpraktikums, um die Erfahrung im Ausland - genauer gesagt in Malang, Indonesien - zu machen. So konnte sich nicht nur das Schulsystem in einem anderen Land kennen lernen, sondern erkundete die indonesische Kultur auf intensive Weise. In diesen sechs Wochen hat Karina sehr viel gelernt: Über die Zufriedenheit und das Glücklichsein der Indonesier, über die Unterrichtsgestaltung sowie über sich selbst und ihre Zukunft.

Karina in der Schule

Nach ihrem Freiwilligenprojekt hat Karina uns von ihrer Erfahrung in Indonesien erzählt. Findet heraus, wieso sie die Zeit niemals vergessen wird und wieso sie jedem Studierenden solch ein Freiwilligenprojekt im Ausland empfiehlt.

P.S.: Auch wenn durch die aktuelle Corona-Situation solche Projekte gerade nicht möglich sind, starten wir im Sommer 2021 mit neuen, spannenden Projekten, so dass auch du dein Pflichtpraktikum oder einfach deine Semesterferien im Ausland verbringen kannst!


Der Alltag an einer indonesischen Schule im Freiwilligenprojekt

„Ich habe mein Allgemeines Schulpraktikum (ASP) auf einer Schule in Indonesien gemacht. Dies war für mich die beste Option, um das Land nicht länger aus der Touristen-Perspektive (wie so oft) zu betrachten, sondern mitten im Geschehen zu sein und somit das Schulsystem, aber auch das Land und die Leute aus Sicht einer „Einheimischen“ zu erleben. 

Ich war in meinem Freiwilligenprojekt als Lehrerin an einer kleinen Schule, bestehend aus 24 Lehrer*innen, aktiv.  Dort habe ich jeden Tag von 7 bis 15 Uhr verbracht. Dies klingt erstmal anstrengend und viel, ist jedoch in Indonesien sehr viel angenehmer, als es das in Deutschland wäre. 

Ich hatte einen fixen Stundenplan und habe am Tag zwischen einer und vier Doppelstunden unterrichtet. Meine Unterrichtsfächer waren Mathe, Englisch sowie Kunst und Kultur. All dies musste ich auf Englisch unterrichten.

Karina in der Schule

Zusätzlich habe ich in Klausuren die Aufsicht übernommen, diese korrigiert und Nachhilfe gegeben. Die anderen Lehrkräfte haben mich als vollwertige Lehrkraft angesehen und liebevoll integriert. Sie sind alle sehr herzlich und dankbar, dass ich ihre Stunden übernommen habe. Insgesamt vertrauten sie mir und sahen mich als Bereicherung für die Schule. 

Ich habe zu Beginn meiner Reise nicht damit gerechnet, dass die Schülerinnen und Schüler (SuS) an meiner Schule die englische Sprache so gut beherrschen. Ich dachte, dass mein Schulalltag sehr wahrscheinlich daraus bestehen würde, dass ich Grundlagen der englischen Sprache vermitteln müsste. Umso größer war die Herausforderung für mich, andere Fächer komplett zu unterrichten. Im Nachhinein betrachtet bin ich jedoch sehr dankbar für eine englischsprachige Schule. Ich konnte meine Sprachkenntnisse durch den gegenseitigen Austausch auffrischen. 

Karina mit den anderen Lehrkräften

In den Pausen zwischen meinen Unterrichtsstunden habe ich die folgenden Stunden geplant. Meinen Unterricht habe ich immer alleine durchgeführt, die Lehrkräfte standen mir allerdings immer zur Verfügung, wenn ich ihre Hilfe benötigt habe. 

In den "Freistunden" und den Pausen habe ich mit den Lehrern Tischtennis gespielt, Tik Tok Videos gedreht, Durian gegessen oder nette Gespräche geführt. Meine Zeit dort war immer unterhaltsam.”

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Das Wichtigste, was Karina in ihrem Freiwilligenprojekt gelernt hat?

“Die Menschen in Indonesien sind unglaublich offen und hilfsbereit. Egal ob sie dir weiterhelfen können, oder nicht, sie lassen nicht locker und geben ihr Bestes, um dich zu unterstützen. So gut wie jeder schenkt dir auf der Straße ein breites Lächeln. Meine Gastfamilie hat mich von Anfang an aufgenommen, als wäre ich ihre große Tochter. Voller blindem Vertrauen sind mir entgegengetreten. 

In einer Gastfamilie zu leben war die beste Entscheidung. Natürlich kommt es zum Teil auf die Gastfamilie an, ob das Wohlbefinden da ist. Es kommt aber ebenso darauf an, wie stark der Wille ist, sich in die Familie zu integrieren, ihrer Lebensweise für einige Wochen zu folgen. Die richtige Einstellung erleichtert einiges. 

Karinas Gastfamilie

Karinas Gastmama


Ich habe den Eindruck gewonnen, dass in Indonesien jede und jeder einem vollkommen ohne Vorurteile entgegentritt und immer bereit ist, alles zu geben. 

Man ertappt sich immer wieder dabei, dass man Vorurteile hat, oder mal keine Lust hat zu helfen, zumindest dann, wenn man es sowieso nicht kann. Die Menschen dort haben mich mit ihrer Art zu leben und zu arbeiten inspiriert und treiben mich dazu an, einige Aspekte im Leben zu überdenken.”


Karina wird sich immer erinnern an...

“... die Atmosphäre in diesem Land, insbesondere die in meiner Schule. Die Lehrer laufen jederzeit gut gelaunt durch die Gegend und verlieren ihr Lächeln nicht. Ihr Job ist für sie weniger Arbeit und mehr Berufung. Sie nehmen die Dinge sehr viel lockerer und sind zufrieden mit dem, was sie haben.”


Welchen Effekt hat so eine Erfahrung auf die Gesellschaft?

“Menschen sollten sehr viel mehr Reisen, sei es mit AIESEC oder auch alleine. Reisen erweitert den Horizont und sorgt vor allem dafür, dass neue Perspektiven eröffnet werden.

Durch das Leben in einer Gastfamilie und das Arbeiten an einer Schule im Ausland bekommst du die Chance, in das Leben einer "einheimischen" Person einzutauchen. Du wechselst den Blickwinkel und nimmst auf einmal Dinge wahr, die im Alltag in Deutschland absolut in Vergessenheit geraten oder sogar nicht auffallen. 

Karina mit ihrer Gastfamilie


Indonesien ist kein reiches Land, trotzdem sind die Menschen dort sehr viel glücklicher, als es manch einer in Deutschland ist. Ich selbst bin auch oftmals unzufrieden und ärgere mich über Kleinigkeiten. Die Probleme dort sind so viel größer. Man lernt durch die Erfahrung im Freiwilligenprojekt sehr viel bewusster zu Leben und sein leben zu schätzen. 

Karina in Indonesien

Ein Großteil der Bevölkerung kann es sich nicht leisten zu reisen. Nach mehrmaligem Austausch ist mir bewusst, dass einige noch nie ihre Heimat verlassen haben. AIESEC bringt die unterschiedlichsten Menschen und Kulturen zu denjenigen, die es sich nicht leisten können, selbstständig die Perspektive zu wechseln. So wird es ihnen ermöglicht, mit unterschiedlichen Kulturen in Berührung zu kommen.” 

Wir sind Karina für ihren so tollen Erfahrungsbericht sehr dankbar. Wenn du auch Interesse an solch einem Projekt wie Karina hast, melde dich jetzt unverbindlich an und sichere dir einen der begehrten Plätze für Sommer 2021!


Karina hat aufgrund ihres Pflichtpraktikums vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) eine finanzielle Förderung erhalten. Daher hat sie einen Erfahrungsbericht für den DAAD geschrieben. Hier sind einige Ausschnitte, die wir euch nicht vorenthalten wollten:

“Inwieweit mich das Projekt in Bezug auf meine berufliche Zukunft weitergebracht hat? Dies ist eine Frage, die unheimlich viele Bereiche meines Lebens betrifft, nicht nur die meiner Position als Lehrkraft, sondern meine komplette Lebenseinstellung

Natürlich ist einem bewusst, wie geregelt und ausgereift das Schulsystem in Deutschland ist, umso prägender ist es den Kontrast dazu zu erleben. Meine Schule ist zwar ziemlich fortgeschritten, zumindest empfinde ich sie als solche, da ich nicht erwartet habe, mein Projekt an einer sehr kleinen, organisierten und vor allem englischen Schule zu absolvieren. Das Kontrastprogramm wäre im Austausch mit einer staatlichen indonesischen Schule wahrscheinlich stärker gewesen. Trotzdem hat mich das Projekt in dieser Schule weitergebracht, indem es mir zum einen aufgezeigt hat, mit wie viel Dankbarkeit und Engagement hier gelernt und gelehrt wird.

Ich empfinde es als notwendig, in deutschen Schulen stärker über Schulsystem und fehlende Möglichkeiten zu informieren. Meiner Meinung nach leben viele Menschen in Deutschland in ihrer „sicheren Welt“, einer Art „Blase“, die ihnen den Spielraum der Perspektiven verwehrt. Bis zu dem Zeitpunkt, in dem die SuS alt genug sind, um die Welt selbstständig zu erkunden und ebenfalls die Perspektive zu wechseln. Vorausgesetzt, es besteht das Interesse daran und die finanziellen Kapazitäten sind gegeben. 

Karina in der Schule

Das Projekt an der Schule hat mir gezeigt, dass ein einfaches Whiteboard ausreichend ist, um einen effektiven Unterricht zu gestalten. Es hat mich kreativ werden lassen, da ich mich der Lehrweise der Lehrkräfte an der Schule anschließen wollte und deswegen ständig spontane Rätsel veranstaltet habe. Wie bereits erwähnt empfinde ich die regelmäßigen Wiederholungen in Form von Quiz und Rätsel als sehr fördernd und fordernd. Die Prüfungsphasen, die dreimal im Halbjahr stattfinden, sind durch die ausreichende Vorbereitung leicht zu meistern. Dieses Übungssystem möchte ich später ebenfalls in meinen Unterricht integrieren. Die Schüler werden es eventuell erstmal als mühsam empfinden, aber sicher schnell verstehen, dass es zu ihrem Besten ist.

Zudem bin ich fasziniert von der Einstellung der Lehrer, sie arbeiten viel und sind stets bemüht um den Erfolg Ihrer Schüler. Die Freude am Lehren ist ihnen deutlich ins Gesicht geschrieben. Sie inspirieren mich und zeigen mir, dass Unterrichtsvorbereitungen keinen Stress bereiten müssen, alles eine Frage der Einstellung, die mir mit Sicherheit in Erinnerung bleibt und die ich anstreben möchte. 

[...]

Eine Erfahrung, die ich so schnell nicht wieder vergessen werde und auf gar keinen Fall missen will. Ein tolles Angebot, aus der Kooperation von AIESEC und der TU Braunschweig, das unbedingt mehr Studenten nutzen sollten. Für ihren zukünftigen Beruf und ihr zukünftiges Ich. Ebenso möchte ich dem DAAD danken, welcher die Erfahrung durch den Reisekostenzuschuss, zusätzlich möglich gemacht hat.”


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