Erfahrungsberichte
August 24, 2020

Multikulturalität als Reichtum: Melissas Erfahrung in der Ukraine [Erfahrungsbericht Freiwilligenprojekt]

Die Passauer Studentin Melissa hat sich im vergangenen Jahr ins Abenteuer “Ukraine” gewagt - glücklicherweise noch vor der Corona-Krise, so dass sie dort ohne Maske frei herumreisen und viel sehen konnte. 

Aber auch bei den Schülerinnen und Schülern, die sie in ihrem Projekt unterrichten durfte, hat sie einen wirkungsvollen Eindruck hinterlassen. Durch die Arbeit von Melissa und den anderen Teilnehmern des Freiwilligenprojektes haben die Schüler zum ersten Mal Menschen aus anderen Ländern treffen dürfen - und so Multikulturalität schätzen gelernt.

In diesem Erfahrungsbericht könnt ihr lesen, wieso es sich lohnt, ein soziales Projekt in der Ukraine zu machen:


Mein Freiwilligenprojekt im Ausland

Ich habe ein soziales Projekt in der Metropole Charkiw, an der Ostgrenze der Ukraine absolviert. Bereits meine Anreise dahin war ein Abenteuer - denn ich wollte der Umwelt zu Liebe nicht hinfliegen. Ich bin daher erst nach Wien, um von dort aus mit einem (Nacht-) Zug 23 Stunden nach Kiew zu fahren. 

Im Zug selber habe ich mir meine 3-Bett-Abteilung mit zwei ukrainischen Frauen geteilt. Die Fahrt war super nett: Die Frauen haben mir bereits einen ersten Eindruck über die Gastfreundschaft, das Leben in der Ukraine und die politischen Probleme gegeben. Verhungern musste ich auch nicht, da mich die beiden Frauen durchgehend mit Essen versorgten. 

Von Kiew bin ich dann mit einem weiteren Zug nach Charkiw gefahren.  Auch wenn ein Flug sicherlich viel schneller gewesen wäre, hat sich die Zugfahrt, nicht nur für die Umwelt, sehr gelohnt!

Jetzt zu meinem Freiwilligenprojekt: Ich habe sechs Wochen in verschiedenen Schulen Deutsch und Englisch unterrichtet. Weiterhin habe ich Workshops zum Thema Nachhaltigkeit und kulturelle Vielfalt geleitet. Die Themen und Inhalte hingen sehr von der Lerngruppe ab. In einer Schule konnte ich täglich die 2., 5. und 9. Klasse unterrichten. Gelegentlich habe ich auch in einer Sprachschule Konversationsstunden geleitet.

Freiwilligenprojekt in der Ukraine

Das Wichtigste, was ich durch meine Erfahrung in der Ukraine gelernt habe, ist…

Schon am Anfang von meinem Projekt musste ich lernen, mich ein bisschen anzupassen und keine großen Ansprüche zu stellen. Wir Freiwilligen waren in einem Studierendenwohnheim untergebracht, in dem wir uns ein Zimmer zu dritt oder zu viert teilten. Für die meisten waren die ersten Tagen im Wohnheim eine große Herausforderung, denn die Standards in der Ukraine sind deutlich niedriger als im restlichen Europa. 

Mit der Zeit hat aber jeder verstanden: Wenn ukrainische Studierende das ganze Jahr so leben, gibt es kein Grund, wieso wir es sechs Wochen nicht machen können. 

In vielen sozialen Projekten schlafen die Freiwilligen bei Gastfamilien, diese sind in der Ukraine in den Sommerferien aber schwer zu finden. Als uns im September vorgeschlagen wurde, zu Gastfamilien umzuziehen, fühlten wir uns im Wohnheim schon sehr wohl und wollten lieber alle zusammen da bleiben.

Soziales Projekt im Ausland


In der Schule musste ich mich auch ein bisschen anpassen. Das Schulsystem ist deutlich anders und ich habe alle Methoden hinterfragt, die ich früher immer für richtig gehalten habe. Wie bereits durch die Unterkunft festgestellt, musste ich auch im Unterricht kompromissbereit sein.


An diese Erfahrungen werde ich mich immer erinnern

Niemals vergessen werde ich, wie wir abends im Park fast täglich zusammen saßen. Einige von unseren Schülern waren schon volljährig und kamen oft dazu. Und so saßen wir da, lernten Ukrainisch und Türkisch (viele aus meinem Freiwilligenteam kamen aus der Türkei) und sprachen über unseren Länder: das Essen, die Geschichte, die Probleme der Jugend…

Mit einem Freiwilligen, der ein bisschen abenteuerlustiger war, habe ich besonders viel unternommen. Wir sind am Wochenende immer spontan in einen Zug gestiegen und irgendwohin gefahren. 

Reisen in der Ukraine

Egal wohin: die Hauptstadt, ein Naturgebiet, das nächste Dorf wo kein Mensch Englisch spricht und wir mit unserem Grundwissen in Russisch klarkommen mussten - Hauptsache die Ukraine erleben - ihre Leute, Geschichte und Nationalgerichte kennenlernen. 

Ein halbes Jahr später habe ich den anderen Freiwilligen in seiner Heimatstadt Istanbul besucht. Das war nicht mein erstes Projekt mit AIESEC und ich kann es aus Erfahrung sagen: Solche Freundschaften bestehen über Jahren hinweg.

Das Team von AIESEC in Charkiw hat uns auch immer begleitet und einiges organisiert, um uns die Traditionen des Landes vorzustellen: Musik, Trachten, Gerichte... Gleich am Anfang haben wir den Unabhängigkeitstag des Landes und das Jubiläum der Stadtgründung erlebt. Dafür wurden berühmte Ukrainische Persönlichkeiten und Sänger nach Charkiw eingeladen, es wurde drei Tage lang riesig gefeiert. Es sah so aus, als ob die Stadt uns willkommen heißen wollte.


Diesen Effekt hat eine Erfahrung wie meine auf die Gesellschaft

Unsere Präsenz dort war für viele Kinder und Jugendliche die einzige Möglichkeit, eine andere Sprache zu sprechen (als Ukrainisch und Russisch). 

Viele von ihnen träumen davon, die Welt zu sehen, oder zumindest Europa. Aber sie haben noch nie die eigene Stadt verlassen oder Menschen aus anderen Ländern getroffen. 

Auch nach unserem Aufenthalt waren wir für sie ein Motivationsgrund, weiter Englisch zu lernen, denn sie wollten mit uns in Kontakt bleiben und uns mal in unserer Heimat besuchen.

In einer Region, wo ethnische Konflikte Alltagsgeschichte sind, lernten sie, Multikulturalität als Reichtum zu schätzen.

Außerdem waren alle sehr neugierig und lernbereit. Es war schön zu sehen, wie alle Tipps aus unseren Nachhaltigkeits-Workshops direkt in Taten umgesetzt wurden. 

Ukraine

Solche Projekte haben auch auf die Freiwilligen eine große Auswirkung. In Charkiw lernten wir, vieles mit anderen Augen zu sehen. 

Die Stadt liegt knapp 200 km von einer Region entfernt, in der seit 2014 Krieg herrscht. In dieser Zeit haben viele Zuflucht in der Stadt gesucht, wodurch die Stadt massiv gewachsen ist. Dies brachte aber auch einige soziale Probleme mit sich: Auch in Charkiw fanden gewalttätige Proteste statt und dies ist in den Erinnerungen der Bewohner noch sehr präsent. 

Unter meinen Freunden und Bekannten gab es einige, die Zeugen dieser Gewalt waren oder in die Stadt gezogen sind, weil sie in ihrer Heimat alles verloren hatten.

Ihre Geschichten haben mich sehr beeindruckt. Ich habe dadurch gelernt, für die kleine Dinge im Leben dankbar zu sein.


Melissa hat in den sechs Wochen im Freiwilligenprojekt viel gesehen, erlebt und gelernt. Sie hat Freundschaften fürs Leben gefunden und das Leben der Kinder in der Ukraine beeinflusst. Das kannst du auch: Starte dein Freiwilligenprojekt in Europa noch heute:


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